Warum leben intelligente Menschen länger?

Menschen mit höherem Intelligenzquotient haben auch eine höhere Lebenserwartung, das ist wissenschaftlich mehrfach belegt. Warum das allerdings so ist, darüber streiten sich die Fachleute. Zum Wohle aller wäre es aber sehr wichtig herauszufinden, was die Ursachen für diese Beobachtung sind. Bisher werden vier Faktoren als Ursachen für diesen Effekt diskutiert.

Vor einigen Jahren wurde eine Studie in Aberdeen (Schottland) durchgeführt, nach der diejenigen eine signifikant höhere Überlebensrate im Alter von 75plus hatten, bei denen im Jahr 1932 als elfjährige Schüler ein höherer IQ gemessen wurde. Das Ergebnis stieß zum Teil auf heftige Kritik. Stellte es nicht eine Diskreditierung von Intelligenztests dar? Das ist sicher nicht der Fall, die Messergebnisse von IQ-Tests sind im Allgemeinen so valide wie beinahe keine andere psychologische Testmethode. Der Intelligenzquotient einer bestimmten Person bleibt über die gesamte Lebensspanne quasi konstant und ist mit entscheidenden Konsequenzen im Leben der Person assoziiert, wie Ausbildungsergebnissen, beruflichem Erfolg, Krankheitshäufigkeit - und eben die Mortalität.

In der Folge erschienen noch weitere Studien, die den Zusammenhang zwischen hoher Intelligenz und langer Lebenserwartung bestätigten. Eine davon umfasste fast eine Million schwedischer Männer, die mit ungefähr 19 getestet und dann fast 20 Jahre lang beobachtet wurden. Auch diese Untersuchung brachte das eindeutige Ergebnis: Mit steigendem IQ stieg auch die Wahrscheinlichkeit des Überlebens in dieser 20-Jahres-Periode.

Der Intelligenzquotient sagt die Lebensdauer voraus

Der Intelligenzquotient kann die Mortalitätswahrscheinlichkeit eines Menschen besser vorhersagen als sein Body Mass Index (BMI), seine Werte für Cholesterin, Blutzucker oder Blutdruck, und in etwa genauso gut wie sein Zigarettenkonsum. Aber der Grund dafür ist immer noch mysteriös. Das kann nicht so bleiben, denn es sollte der Gesellschaft ein Anliegen sein, Unwuchten im Gesundheitssystem auszugleichen. Doch dazu müssen wir die Ursache der Unwucht kennen.

Vier Faktoren könnten eine Rolle spielen

Im Allgemeinen werden für das beschriebene Phänomen vier Erklärungen angeführt, die sich aber nicht gegenseitig ausschließen müssen:

Erstens: Höhere Intelligenz korreliert mit höherer Bildung und das wiederum mit Berufen, die in gesunder Umgebung ausgeführt werden. Menschen mit höherer Bildung kommen in höhere soziale Schichten mit besserer medizinischer Versorgung.

Zweitens: Menschen mit höherer Intelligenz verhalten sich gesünder. Es gibt Untersuchungen, dass Leute mit höherem IQ insgesamt gesünder essen, mehr Sport treiben, sich weniger riskant verhalten, weniger rauchen und Alkohol trinken und im Alter weniger an Gewicht zunehmen. Alles Faktoren, die der Lebenserwartung zuträglich sind.

Drittens: Vor den in der Jugend durchgeführten IQ-Tests könnten schon Gehirnschädigungen eingetreten sein, etwa Schädigungen während der Geburt oder später durch Krankheiten, Unfälle oder Entwicklungsstörungen. Das könnte sowohl den geringeren IQ, wie die höhere Mortalität erklären.

Viertens: Die guten IQ-Werte in der Jugend könnten auf eine insgesamt gute körperliche Verfassung hindeuten. Ein solcher gut gerüsteter Körper könnte im Verlauf des Lebens mit umweltbedingten Belastungen besser zurechtkommen, was sich positiv auf die Mortalität auswirken würde.

Auch Zuverlässigkeit und Pflichtbewusstsein spielen eine Rolle

Ob eine oder mehrere dieser Hypothesen zutrifft, ist immer noch unklar und Gegenstand weiterer Untersuchungen. Dabei fand man unter anderem heraus, dass nicht allein die Intelligenz die Mortalität voraussagt. So werden auch Kinder, die in Zuverlässigkeit und Pflichtbewusstsein überdurchschnittliche Werte erzielen, mit zweimal höherer Wahrscheinlichkeit älter als 65 als diejenigen mit unterdurchschnittlichen Werten in diesen Bereichen.

Wenn auch der Einfluss der Intelligenz auf die Mortalität erwiesen ist, so muss das nicht vorbestimmt sein. Die Intelligenz spinnt, misst und schneidet den Faden unseres Lebens nicht schicksalhaft. Die Faktoren, die intelligentere Menschen länger leben lassen, müssen nur identifiziert werden, dann kann man dieses Wissen vielleicht zum Wohle aller einsetzen.